Mate Rimac zeigt, wie man schnell und günstig elektrische Sportwagen baut. Porsche plant eine enge Zusammenarbeit
Mate Rimac weiss, was seine Besucher sehen wollen. In der Montagehalle steht ein halb fertiges Exemplar seines elektrischen Supersportwagens Concept 2 parat. Rimac empfängt in seiner Firmenzentrale in einem wenig schmucken Gewerbegebiet am Rande des Zagreber Vororts Sveta Nedelja den kroatischen Premierminister Andrej Plenkovic plus vier Minister. Im Showroom, einer ehemaligen Citroën-Autohalle, zeigt der Chef seinen Gästen stolz seine zwei Superflitzermodelle: den Concept 1 und den Concept 2.
Letzterer gilt mit der Höchstgeschwindigkeit von 412 Kilometer pro Stunde und einer Beschleunigung von 0 auf 100 in 1,97 Sekunden als das schnellste Auto der Welt – und das ausschliesslich mit Batterieantrieb.
Eine Chance für das Land
Dann macht Mate Rimac, was er am besten kann: Vollgas geben. Äusserlich stets freundlich lächelnd, inhaltlich knallhart undiplomatisch, redet er den Politikern ins Gewissen: «Kroatien hat jetzt die Chance, das nächste Ziel der neuen Autoindustrie zu werden.» Das Referat des 31 Jahre jungen Start-up-Unternehmers ist ganz schön frech. Seine Botschaft an die Regierenden lautet: Bisher habt ihr es verschlafen, Autohersteller ins Land zu locken. Wacht jetzt gefälligst auf, sonst verpasst ihr auch die nächste Runde.
Tempo, Tempo, Tempo. Das ist Rimacs Welt. Porsche-Vizechef Lutz Meschke ist einen der Zweisitzer gefahren: «Dieses Auto ist unfassbar, es ist beeindruckend, wo die Ingenieure diese Traktion herbringen.» So etwas aus dem Mund eines Porsche-Managers? Der Ritterschlag für jeden Autobauer.
Rimac ist eine Art Daniel-E-Düsentrieb. Mit einer Mischung aus Talent, Enthusiasmus und Sturheit hat er seine wilden Visionen wahr gemacht. Aus dem Nichts. Deshalb wird er auch als Elon Musk des Balkans bezeichnet. Aber während derzeit kein deutscher Autohersteller einen Cent in Musks Firma Tesla investieren würde, hält Porsche seit 2018 zehn Prozent an Rimac.
Schon jetzt hat die Rimac-Story grosse Strahlkraft über Kroatien hinaus. Die Videos von Wettrennen, bei denen der Stromflitzer den Ferrari und Bugatti mit ihren dröhnenden Verbrennermotoren davonfährt, gehen um die Welt. Nun kann man über Sinn und Unsinn solcher Wahnsinnskarren und ihren Energieverbrauch streiten.
Doch für Rimac erfüllen sie einen wichtigen Zweck: Nur mit ihnen konnte der Nobody aus dem Niemandsland der Autoindustrie zeigen, was er kann. Seine Ultra-Autos sind das perfekte Werbe-Utensil, denn die Firma ist auch als Zulieferer tätig. Sie baut Hochleistungsbatterien und Antriebsstränge für Hersteller wie Aston Martin, Hyundai, Renault, Seat sowie die Hypercar-Bauer Pininfarina und Koenigsegg.
Mate Rimac ist ein in Bosnien geborener Kroate und in Frankfurt aufgewachsen. Als Jugendlicher zog er nach Kroatien, an der Universität Zagreb studierte er Elektroingenieurwesen. Als er den Professoren von seinem Traum erzählte, superschnelle Elektroautos zu bauen, schüttelten sie den Kopf.
Er wagte es trotzdem. Heute beschäftigt er 550 Menschen. Weil sie sich keinen Zulieferer leisten konnten, mussten sie jedes Teil selbst entwickeln und produzieren. Immer mit der Vorgabe, möglichst wenig Geld auszugeben.
«Es ist erstaunlich, wie schnell das Fahrzeug entstanden ist – zu welchen Kosten, mit welchen Materialien und mit welcher Qualität», sagt Porsche-Mann Meschke. Mit Porsche bahnt sich eine enge Zusammenarbeit an.
Bald ohne Lenkrad?
Wenn die Regierung mitmacht, könnte Rimac ein neues Werk bauen, das nicht nur handgefertigte Unikate für Hyperautos herstellt, sondern industrielle Komponenten fertigt. Und das nicht nur in Kleinserie für Porsche, sondern auch im Volumensegment für Hyundai. Denn auch der koreanische Hersteller will sich an Rimac beteiligen – zusammen wollen sie schon 2020 Fahrzeuge mit Batterie sowie mit Brennstoffzelle auf die Strasse bringen.
Parallel dazu arbeitet Rimac an seinem nächsten Superflitzer, dem Concept 3. Er soll auch autonom fahren. Allzu viele Exemplare werde es aber von der dritten Generation nicht geben, betont Rimac. «Denn ich weiss nicht, wie lange es noch Sinn macht, Autos mit Lenkrad zu bauen.»