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Tim Bachmann, Leiter Badeferien und Städtereisen Kurzstrecke bei Hotelplan Suisse, über das Trendziel Kroatien, perfekte Flugzeiten und Krisenmanagement

Wie läuft das Badeferien-Geschäft?
Im Vergleich zu 2016 liegen wir bei ­Ferienpackages für Europa und den ­Mittelmeerbereich klar im Plus.

Wo orten Sie den Grund für die starke Nachfrage?
Nachdem viele Kunden in der Vergangenheit die Buchungen lange hinausgezögert haben, kündigt sich jetzt ein Früh­bucherjahr an. Die Leute wissen: In ­begehrten Destinationen wie Spanien, Griechenland oder Zypern muss man sich das Zimmer im Lieblingshotel rechtzeitig sichern. Schnäppchenjäger warten immer ab. Sie nehmen, was übrig bleibt.

Warum bauen die verschiedenen Marken von Hotelplan Suisse das Kroatien-Programm aus?
Seit zwei Jahren stellen wir ein wachsendes Interesse fest. Deshalb beteiligen wir uns in diesem Sommer an Charterflügen nach Dubrovnik und Split. Kroatien gehört unzweifelhaft zu den schönsten Zielen am Mittelmeer, vor allem in Süd-Dalmatien hat die Hotellerie grosse Fortschritte gemacht.

Wer fliegt nach Kroatien?
Das Land ist eine gute Alternative für Leute, denen Spanien und Griechenland zu teuer geworden sind oder die Tunesien und die Türkei meiden.

Spielt die Türkei noch eine Rolle in der Planung?
Wir kriegen kaum Buchungen. Hotelplan Suisse gehörte im Gegensatz zu deutschen Veranstaltern nie zu den grossen Playern im Türkeigeschäft. Zu den besten Zeiten war die Südtürkei aber im Badeferienbereich unsere drittwichtigste Destination. Wir haben die Verpflichtungen auf ein Minimum reduziert. Unser Kontingent an Flug­sitzen beträgt im Vergleich zu früheren Jahren noch zehn Prozent.

Ihre Prognosen für die unter Sicherheitsproblemen leidenden Ferienziele?
Bei der Türkei sind wir sehr skeptisch. Ägypten könnte sich partiell erholen. Die besten Chancen sehen wir für Tunesien. Die Insel Djerba wäre ­bereit für ein Revival.

Wie reagiert Hotelplan Suisse auf das verstärkte Sicherheitsbedürfnis der Reisenden?
Zumindest die wirtschaftlichen ­Belange regeln wir. Wer ein Pauschalarrangement gebucht hat, muss sich keine Sorgen machen bei Flug-Annullationen, Streiks oder anderen negativen Ereignissen. Wir kümmern uns um Flugalternativen, buchen um und holen die Kunden sogar vorzeitig zurück, ohne Kostenfolgen.

Welchen Mehraufwand beschert das Krisenmanagement?
Ich selber stand 2016 an zehn Wochenenden unvorhergesehen im Einsatz. Am meisten Umtriebe brachte uns ein ange­drohter Streik im griechischen Flugverkehr, der dann zum Glück abgesagt wurde.

Wie sichert Hotelplan Suisse ohne Anbindung an einen grossen ­europäischen Reiseveranstalter genügend Bettenkapazitäten in der Hochsaison?
Es gibt verschiedene Modelle in der Zusammenarbeit mit Hotels. Man garantiert dem Hotelier zum Beispiel ein bestimmtes Volumen über die ganze Saison und erhält im Gegenzug die benötig­ten Betten. Wir setzen aber vor allem auf das Loyalitätsprinzip, indem wir un­sere Charter schon früh fliegen und so in der Vorsaison Kunden in die Destination bringen. Dafür zählen wir im Sommer oder während der Herbstferien auf ­genügend Betten.

Warum nimmt Hotelplan Suisse nicht ganze Hotels unter Vertrag – wie die Mitbewerber TUI oder FTI?
Das lohnt sich für uns nicht. Dank des sogenannten Dy­namic Packaging, das auch ­Angebote ausserhalb unserer Katalogpalette einschliesst, finden wir immer genügend Betten. Weil wir jederzeit Flugsitze und Zimmer auf dem freien Markt einkaufen und zu Packages schnüren können, sind wir flexibler in der Planung. In der Vergangenheit mussten wir sogar für Last­minute-Aktionen Betten einkaufen. Nicht mehr notwendig, heute finden wir kurzfristig noch Kapazitäten.

Wie lassen sich im Massengeschäft Raritäten und Spezialitäten ­vermarkten?
Wir haben auf Kreta ein Pilotprojekt angeschoben: Der Gast kriegt drei Wochen vor Abreise elektronischen oder telefonischen Zugang zum Reiseleiter. Der empfiehlt etwa Ausflüge oder reserviert Restaurants. Dieses Servicepaket ist im Arrangement-Preis eingeschlossen. Weitere Spezialitäten: In Griechenland und Kroatien bauen wir das Angebot an Törns mit kleinen Schiffen aus. Und auf Mallorca forcieren wir die Boutique-Hotels der Som-Gruppe. Solche An­gebote heben uns von den internationalen ­Mega-Playern ab, für die nur grosse ­Volumina interessant sind.

Wie kann Hotelplan Suisse im Massengeschäft Badeferien überleben?
Indem wir wendig bleiben und voraussehen, was der Schweizer Gast in der kommenden Saison wünscht. Natürlich treffen nicht alle Prognosen zu. Während wir für letztes Jahr den Zypern-­Boom voraussahen und die richtigen Hotels einkauften, verschätzten wir uns bei Chania. Der Charterflug nach ­West-Kreta lief nicht wie gewünscht.

Wie verbessern Sie sich hinter den Kulissen?
Wir optimieren laufend unser Buchungssystem, das den Mitarbeitern in Reisebüros und in der Zentrale möglichst alle Routineschritte abnimmt und die Arbeit vereinfacht. Jede eingesparte Sekunde zählt. Pro Passagier setzen wir heute 30 Prozent weniger Arbeitszeit ein als vor drei Jahren.

Wie reagieren Sie auf die Wirren um die Air-Berlin-Tochter Belair?
Aktuell kommt es aufgrund der Crew-Ausfälle vereinzelt zu Verspätungen. Ohne grosse Auswirkungen auf unsere Kunden. Der Flugplan im Sommer 2017 dürfte garantiert sein, er wird vermutlich von der österreichischen Fluggesellschaft Niki bestritten.

Aber Schweizer fliegen doch am liebsten mit Schweizer ­Fluggesellschaften?
Wir konstatieren eine starke Nachfrage nach «umgekehrten» Flügen, die an der Destination beginnen und enden. So vermeiden wir Abflugzeiten in ­Zürich frühmorgens oder die Ankunft spätabends. Wir konnten etwa mit dem griechischen Carrier Aegean aushandeln, für uns vor allem den sogenannten Slot 2 zu fliegen – nicht die Rotation in aller Herrgottsfrühe ab Griechenland, sondern die für die Passagiere entspannte Variante am Nachmittag.

Wie hoch ist bei Hotelplan Suisse der Anteil an Online-Buchungen?
Im Kurz- und Mittelstreckengeschäft, bei Badeferien und Städtereisen liegt er bei 30 Prozent, über das ganze Unternehmen gesehen bei 15 Prozent. Die Direktreise-Marke Migros Ferien verzeichnet einen Online-Anteil von 75 Prozent.

(tagesanzeiger.ch/15.1.2017)